Nachdem zuvor bereits die Weichen für Onlinewahlen neben den herkömmlichen Briefwahlen gestellt wurden, hat der Deutsche Bundestag am 19. November 2020 das Gesetz zur Modernisierung der Sozialwahlen beschlossen. Für alle Beteiligten besteht damit Klarheit, unter welchen Modalitäten 2023 gewählt wird.

von Jürgen Hermann

Für die BIV und alle Listen, die erstmals antreten wollen bzw. nicht durchgängig in der Selbstverwaltung vertreten sind, ist die Halbierung des erforderlichen Unterschriftenquorums von besonderer Bedeutung. Um den Rückhalt in der Wählerschaft nachzuweisen, müssen etwa bei der BARMER oder der DRV Bund nicht mehr 2.000, sondern nur noch 1.000 Unterstützerunterschriften vorgelegt werden. Das erleichtert den Zugang zur Wahl und fördert Urwahlen. Letzteres gilt auch für die erschwerte Möglichkeit der Listenzusammenlegung. 2023 dürfte es daher zu mehr Urwahlen kommen, sind sogenannte „Friedenswahlen“ aber immer noch zulässig.

Ausdrücklich begrüßt die BIV die künftig zu erstellende „Niederschrift über die Bewerberaufstellung“, mit der die nötige Transparenz bei der Bewerberauswahl hergestellt wird und „Kungeleien im Hinterzimmer“ ausgeschlossen werden sollen. Selbstredend wird auch die Verpflichtung begrüßt, dass Vorschlagslisten in der Krankenversicherung mindestens 40% Frauen und 40% Männer aufweisen müssen. Leider ist diese zwingende Vorgabe in der Renten- und Unfallversicherung wieder verwässert worden,weil hier nur eine Sollvorschrift ins Gesetz übernommen wurde.

Des Weiteren werden mit dem Modernisierungsgesetz die bisherigen Listenverbindungen und die 5%-Hürde abgeschafft. Was istenverbindungen anbetrifft, wird dies zwangsläufig zu kleineren Stimmzetteln und mehr „Gemeinschaftslisten“ führen. Die Abschaffung der 5%-Hürde hat nur bei wenigen Krankenkassen praktische Bedeutung, zu denen aber auch die BARMER gehört. Rein rechnerisch reichen bei ihr demnächst 3,7% der Stimmen, um einen Sitz im Verwaltungsrat zu erlangen.

Uneingeschränkt positiv zu bewerten ist schließlich der im Gesetz verankerte Freistellungsanspruch für Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter sowie der Anspruch auf bis zu fünf Arbeitstagen Bildungsurlaub für einschlägige Fortbildungsmaßnahmen. Das macht das Ehrenamt attraktiver, insbesondere für berufstätige Frauen und Männer, und nährt die Hoffnung auf eine Verjüngung der Selbstverwaltung.