Auf Neuland wagte sich die BIV am 15. September 2019 mit der erstmaligen Ausrichtung einer öffentlichen Veranstaltung. Sie fand im Seniorenzentrum St. Markus der Hamburger Martha-Stiftung statt und firmierte unter der Überschrift „Mein Zuhause, meine Gesundheit, meine Zukunft – Herausforderungen für Gesellschaft, Politik und Pflegeversicherung. Rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung der BIV gefolgt, um spannende zwei Stunden mit interessanten Referaten und einer facettenreichen Diskussion zu erleben.

Wie lange wird es möglich sein, selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu leben, und wie kann Pflege mit all ihren Begleitumständen so optimiert werden, dass sie möglichst lange zuhause bewerkstelligt werden kann? Das waren die Kernfragen, die aus verschie-denen Blickwinkeln beleuchtet werden sollten. Diskutiert wurde dabei zunächst, wie man möglichst gesund alt werden kann und wie sich dieser Prozess durch eigenes Verhalten oder Fehlverhalten so oder so beeinflussen lässt. Ist ein Pflegefall dann eingetreten, geht es darum, die Leistungen der Pflegeversicherung so einzusetzen und abzurufen, dass sie den Bedürfnissen im Einzelfall möglichst umfassend gerecht werden.

Europaweite Aufmerksamkeit erlangt seit Jahren das holländische Pflegemodell Buurtzorg (buurt = Nachbarschaft; zorg = Pflege), das im Folgenden ausführlich vorgestellt und erörtert wurde. Es setzt vor allem auf Selbstorganisation der Pflegeteams, auf Pflege im Sozialraum des Pflegebedürftigen, auf möglichst  simple Leistungsabrechnungen nach individuellem Zeitaufwand und auf IT-unterstützte Arbeitsprozesse. Damit wurden in den Niederlanden durchschlagende Erfolge erzielt. Deutschland ist nicht Holland, so das einhellige Fazit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Aber probieren geht über studieren, und zumindest in Teilen ist das holländische Modell auch hierzulande vorstellbar.

Neben der Forderung, Buurtzorg auf Praktikabilität und Anwendbarkeit in Deutschland eingehend zu prüfen, zieht die BIV folgendes Fazit aus der Veranstaltung:

Ganzheitlichkeit der Dinge

Will man Pflege zuhause so ermöglichen, dass alle Beteiligten zufrieden und nicht überfordert sind, muss das gesamte Umfeld stimmen. Ein Rädchen muss ins andere greifen. Pflege, ärztliche Betreuung und medikamentöse Versorgung müssen optimal aufeinander abgestimmt sein, und an den bisher gewohnten Lebensumständen der Betroffenen – des Pflegebedürftigen und des ggf. pflegenden Angehörigen – sollte sich so wenig wie möglich ändern.

Einheitliche Lebensverhältnisse in Deutschland

Die Diskussion um einheitliche Lebensverhältnisse in Deutschland muss auf die Pflege im häuslichen Bereich ausgedehnt werden. Wie schafft man es, dass Beste aus zwei Welten (Dorf und Stadt) für alle Pflegebedürftigen in Deutschland zu realisieren?

Unterstützung pflegender Angehörige

Wenn Angehörige bei stationärer Unterbringung ihrer Lieben finanziell entlastet werden, so will es Jens Spahn, muss man unbedingt auch über eine höhere Wertschätzung für diejenigen Angehörigen nachdenken, die ihre Liebsten Tag für Tag zuhause pflegen und dabei viele Entbehrungen und Einschränkungen in ihrem eigenen Leben in Kauf nehmen müssen.